Angesichts der im Herbst 2014 aufgeflammten Diskussion um die Probleme in der Verfügbarkeit von NotärztInnen und deren möglichem „Ersatz“ durch ein neues Berufsbild, dem „Paramedic“, sieht sich die österreichische Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin zu folgender Stellungnahme veranlaßt:
In den letzten 50 Jahren hat sich der Rettungsdienst in Österreich zu einem hochqualitativen Versorgungssystem entwickelt, welches sich in der Behandlung lebensbedrohlicher Notfälle auf die Verfügbarkeit qualifizierter NotärztInnen stützt. Durch den unmittelbaren Behandlungsbeginn noch am Notfallort kann das therapiefreie Intervall verkürzt und jede(r) Notfallpatient(in) der bestgeeigneten Behandlungseinrichtung zugeführt werden. Eine deutlich rückläufige Anzahl von Verkehrstoten sowie die massiv reduzierte Sterblichkeit bei Akuterkrankungen (z.B. Myokardinfarkt, plötzlicher Herztod) in den letzten Jahrzehnten beweisen den Erfolg dieses Weges. Österreich liegt hier im internationalen Spitzenfeld.
Darüber hinaus können die zahlreichen ehrenamtlichen MitarbeiterInnen der Rettungsorganisationen im Bedarfsfall jederzeit auf die Unterstützung durch qualifizierte NotärztInnen rechnen. Damit ist der Rettungsdienst heute kostengünstig, effizient und auch außerhalb großer Ballungszentren in kurzer Zeit für die Patienten verfügbar. Nicht zuletzt erfüllen Rotes Kreuz, Arbeiter Samariterbund, Johanniter und Malteser sowie die anderen ehrenamtlichen Organisationen damit auch eine wichtige soziale Aufgabe und geben jungen Menschen die Möglichkeit zu verantwortungsvollem Wirken für die Mitbürger.
In Ländern, in denen ÄrztInnen für den prähospitalen Einsatz aus verschiedenen Gründen nicht verfügbar sind (USA, Großbritannien, einige der neuen EU Länder), hat sich hingegen ein überwiegend auf hauptberuflichen MitarbeiterInnen, sog. „Paramedics“, aufgebautes System etabliert. Diese Berufsgruppe verfügt zwar über eine längere Ausbildung als die Rettungs- und NotfallsanitäterInnen in Österreich und hat auch mehr Kompetenzen in der Patientenversorgung. Ihre meist dreijährige Ausbildung ist aber weit entfernt von der notärztlichen Qualifikation. Diese Systeme sind daher nicht nur teurer (ausschließlich hauptberuflich !), sondern auch in der Versorgungsqualität als schlechter einzustufen als Notarztsysteme. Dazu gibt es mittlerweile ausreichend wissenschaftliche Evidenz.
Die ÖGARI ruft daher die Verantwortlichen in der strategischen Planung des österreichischen Gesundheitswesens auf, den Dialog mit allen in der prähospitalen Patientenversorgung Beteiligten zu suchen: den Rettungsorganisationen, den Fachgesellschaften und der ärztlichen Standesvertretung. Ziel muss es sein, die gegenwärtige Problematik einer zu geringen Zahl an NotärztInnen durch Organisations-, Struktur- und Ausbildungsverbesserungen zu entschärfen. Gerne steht die ÖGARI mit ihrer Sektion Notfallmedizin für eine entsprechende Diskussion zur Verfügung.
Das Ansinnen eines „Ersatz“ der NotärztInnen durch eine weniger qualifizierte Berufsgruppe weisen wir im Interesse der Patientensicherheit vehement zurück.
Letzte Aktualisierung am 23.10.2014
Österreichische Gesellschaft
für Anaesthesiologie,
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